Wer heute ein großes oder kleines Haus baut oder bauen lässt, sollte jetzt bereits an morgen denken.
Energie- und Klimaziele
Eine der wohl wichtigsten rechtlichen Vorgaben dazu stellt das Gebäudeenergiegesetz (kurz: GEG, ehemals Energieeinsparverordnung EnEV) dar. Damit hat die Bundesregierung eine EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt, die als wichtiges Instrument der deutschen Energie- und Klimaschutzpolitik dazu beitragen soll, dass die Klimaziele erreicht werden können. Ganz nebenbei: In Österreich und in der Schweiz gelten vergleichbare Verordnungen. Gemäß O-Ton der deutschen Bundesregierung soll das GEG „dazu beitragen, dass die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung, insbesondere ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand bis zum Jahr 2050, erreicht werden“.
Dieses Gesetz schreibt die Effizienzanforderungen beim Bau der eigenen vier Wände vor. Bauherren müssen sich an einen maximalen Primärenergiebedarf halten. Und auch der zulässige Wärmeverlust durch Fenster, Türen und Wände ist gesetzlich geregelt. Damit sich Klimaschutz und Energiekosteneinsparungen in den nächsten Jahrzehnten weiterentwickeln können, wird das GEG in bestimmten Zeitabständen novelliert. Seit November 2020 gilt das GEG und löst damit die bislang gültige EnEV 2016 ab. Die Anforderungen an die Gesamtenergieeffizienz wurden gegenüber der ursprünglichen EnEV 2014 um 25 Prozent und an die Gebäudehülle um durchschnittlich 20 Prozent erhöht. Das entspricht dem Niveau eines Energieeffizienzhauses gemäß EH70-Standard, was wiederum einem 30 % geringeren Primärenergiebedarf gegenüber einem Referenzhaus gemäß GEG bedeutet und der Energiebedarf durch erneuerbare Energien gedeckt werden soll.
Ab 01. Januar 2023 wird ein neuer Standard Primärenergie-EH55 für alle Neubauten verpflichtend und der wird auch für kleine und winzige Wohnhäuser gelten. Anders als beim bisher bekannten Standard EH55, wird künftig nur der Primärenergie-Bedarf als Messlatte gelten. Glücklicherweise hat die Bundesregierung auf die Eingaben des Bundesverbandes Mikrohaus e.V. reagiert, nach denen eine zusätzliche Vorgabe für die Dicke der Wände eigentlich unsinnig ist und zugleich den Tod aller legalen Tiny House-Neubauten bedeutet hätte.
Ökologie, Umweltschutz und Nachhaltigkeit
Gerade bei Tiny Houses werden Ökologie und Nachhaltigkeit besonders hochgehalten. Immer mehr Fachleute bezweifeln allerdings, dass Tiny Houses allein aufgrund ihrer geringen Größe eine energetisch nachhaltigere Alternative zu massiven Häusern darstellen. Das GEG ist dafür eine entscheidende Messlatte, ob der Primärenergiebedarf eines Minihauses auch tatsächlich geringer ist. Will man den allgemeinen Werbeversprechen von Tiny House-Herstellern glauben, dann dürften ja alle per se umweltfreundlich sein, nur weil sie das Zauberwort „Tiny House“ erwähnen. Das GEG kann also übliche Sprücheklopfer von seriösen und ernsthaft auf Nachhaltigkeit ausgelegten Herstellern unterscheiden helfen.
So ist für jeden Neubau eines Wohngebäude grundsätzlich ein Wärmeschutznachweis gemäß GEG bereits bei Beantragung der Baugenehmigung nachzuweisen. Ausnahmen gibt es nur für Anbauten oder Dachausbauten sowie Ferienhäuser, wenn sie weniger als drei Monate pro Jahr genutzt werden. Aussagen, wonach generell kein Wärmeschutznachweis für Bauvorhaben mit weniger als 50 m2 erforderlich sind, entsprechen nicht den baurechtlichen Vorgaben. Wer solche Behauptungen verbreitet, verwechselt ganz einfach den Wärmeschutznachweis mit dem Energiepass.
Während die ältere Version EnEV 2014 vornehmlich Dämmwerte für Wände, Decken und Fenster (sogenannte U-Werte) vorgegeben hat, geht das GEG und die vorherige EnEV 2016 deutlich weiter und behandelt auch wesentliche Komponenten vom Raumklima über die Nutzung von erneuerbaren Energien bis hin zum Einfluss der Sonneneinstrahlung durch die Fenster.
Für Tiny Houses ist das Raumklima von ganz besonderer Bedeutung, weil es aufgrund des geringen Raumvolumens faktisch unmöglich ist, die aufkommenden Wassermengen, die durch Kochen, Duschen, Pflanzen und durch die im Tiny House lebenden Menschen entstehen können, aufzunehmen. Die Konsequenz kann Kondenswasser und danach Schimmel sein (siehe auch „Schimmelgefahr im Tiny House„). Zusätzliches Heizen oder Lüften ist dabei umweltschädlich und fällt als Lösung aus. Ein Tiny House ohne konsequente, technische Lösung für dieses Problem kann also kaum das GEG erfüllen.
Auch die Nutzung erneuerbarer Energien ist eine wesentliche Voraussetzung für die Erfüllung des Wärmeschutznachweises, den wir u.a. durch eine elektronisch gesteuerte Biomasse-Heizung und eine Solarthermie-Anlage umfassend erfüllen können.
Üblicherweise erstellt der zuständige Baustatiker auch gleich die Wärmeschutzberechnung gemäß GEG. Allerdings wird für ein „Tiny House on Wheels“ ein Karosseriestatiker benötigt, der die Stabilität des Hauses auch bei 80 km/h auf der Straße berechnen kann. Das GEG gilt aber nicht für Fahrzeuge, weshalb der Karosseriestatiker in aller Regel auch keine Wärmeschutzberechnung erstellen kann. Erforderlich ist jetzt z.B. ein Ingenieursbüro, das als Energieberater zugelassen ist und diese Berechnung erstellen darf. Das mag aufwendig klingen, garantiert aber dem Bauherrn, dass sein Haus auch langfristig wertstabil bleibt und auch künftig einen hohen Wiederverkaufswert ermöglicht. Für Tiny Houses gilt dies in besonderem Maße, weil Häuser ohne nachhaltige Nachweise künftig kaum noch erklägliche Wiederverkaufspreise erzielen könnten. Bereits heute findet man auf Plattformen wie Ebay-Kleinanzeigen zum Teil nagelneue Tiny Houses, die angeblich „umständehalber“ oder „wegen urplötzlichem Schicksalsschlag“ verkauft werden müssen. Allerdings fehlen in aller Regel Hinweise wie z.B. „baugnehmigungsfähig“, „mit Karosseriestatik“ oder „umwelt-zertifiziert nach GEG bzw. EnEV2016“. Nur: Wer verkauft ein nagelneues Haus, das er gerade eben für viele zigtausend Euros erworben hat und erwähnt nicht, was das Haus alles hat und kann? Würden Sie einen Gebrauchtwagen verkaufen ohne die wichtigsten Vorteile hervorzuheben?
Warnung vor Scharlatanen
Eine Zertifizierung gemäß GEG ist also nicht nur eine „lästige Pflicht“ sondern es darf mit Fug und Recht als werterhaltende Umwelt-Zertifizierung angesehen werden, die insbesondere die Nachhaltigkeit eines Tiny House unterstreicht. Eine Zertifizierung gemäß GEG darf allerdings nicht mit verkaufstechnischen Behauptungen wie „EnEV-konform“ oder „gebaut nach EnEV“ verwechselt werden, wie es hier und da von zwielichtigen Verkäufern angeführt wird.
Wir meinen, dass es wenig mit ernstzunehmendem Umweltschutz und Nachhaltigkeit zu tun hat, wenn lediglich Hintertüren zur Verkaufsförderung genutzt werden, die letztendlich zum Nachteil des Tiny-House-Käufers gereichen können. Als Nachweis gilt grundsätzlich nur der Wärmeschutznachweis durch einen staatlich zugelassenen Energieberater für Ihr speziell konfiguriertes Tiny House.
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Lesen Sie dazu auch unseren Artikel in der Ausgabe „Kleiner Wohnen 2020/2021“
„Ökologie und Nachhaltigkeit – EnEV 2016 als Messlatte für Tiny Houses“ (PDF-Datei, 160 KB)
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